SOBIBOR

Vernichtungslager Sobibor

Vernichtungslager der Aktion-Reinhardt

Das Vernichtungslager Sobibor war ein deutsches Vernichtungslager in der Nähe des heute 350 Einwohner zählenden Dorfs Sobibór, eines Ortsteiles der Stadt Włodawa, im südöstlichen Polen. Es lag an der Ostgrenze des damaligen Distrikts Lublin des Generalgouvernements, im heutigen Dreiländereck Polen–Weißrussland–Ukraine.

Das Lager war eines von drei Lagern, die ab 1942 von den Nazis im Rahmen der “Aktion Reinhardt” betrieben wurden. Hinter dem Codenamen verbarg sich die Vernichtung der polnischen Juden, angeordnet von SS-Chef Heinrich Himmler. Sechs Kilometer vom Dorf Sobibor entfernt entstand Ende 1941 direkt an einer Bahnstrecke und nahe einem Wald das Lager, dessen einziger Zweck der sofortige Mord an Juden war.

Im Vernichtungslager Sobibor wurden nach Schätzungen bis zu 250.000 Juden, darunter 34.000 Kindern in Gaskammern ermordet.

Aufbau des Lagers
Die Struktur des Lagers entsprach der von Belzec, allerdings war Sobibor größer. Das Lager umfasste drei voneinander abgetrennte Bereiche.
Das Lager I mit Kommandantenvilla, Waffenarsenal, Versorgungseinrichtungen und Unterkünften für rund 30 deutsche SS-Angehörige und 90 bis 120 „Trawniki-Männer“ lag unmittelbar am Bahngleis. In diesem Vorlager befanden sich zudem Baracken für durchschnittlich 50 jüdische Häftlinge, die dort in Reparaturwerkstätten und für Hilfsdienste eingesetzt waren.
Das Lager II war durch Sichtschutz abgeschirmt. Dort gab es neben Ställen und Anbauflächen für Gemüse mehrere Unterkünfte für 400 Häftlinge. In der Regel waren 18 deutsche SS-Angehörige zur Aufsicht eingeteilt. Leiter dieses Abschnitts war 1942 Paul Rost. Im Lager II wurde der gesamte Besitz der Opfer gesammelt, sortiert und gelagert. Von diesem Lagerteil aus führte ein 150 Meter langer und drei bis vier Meter breiter Gang, genannt „Himmelsstraße“, der mit Stacheldraht und eingeflochtenen Tannenzweigen eingefasst war, zur Vernichtungsstätte im Lager III.
Im Lager III stand ein Steingebäude mit Gaskammern, in denen die bereits im Lager II entkleideten Opfer durch Motorabgase erstickt wurden. Die Ermordeten wurden von einem Arbeitskommando in einer Grube verscharrt, die 60 Meter lang und 20 Meter breit war. Im Lager III befanden sich Küche und Unterkünfte für die Arbeitshäftlinge, die streng abgeschirmt von den anderen Lagerteilen die Leichenbeseitigung erledigen mussten. Ab Sommer 1942 mussten die Arbeitskommandos die Leichen exhumieren und verbrennen, bevor sie selbst ermordet wurden.
Im Juni 1943 wurde der äußere Zaun des Lagers zusätzlich vermint. Im Frühsommer 1943 begann man mit der Einrichtung eines vierten Lagerabschnitts, in dem Beutemunition gelagert und aufbereitet werden sollte; dieses Vorhaben wurde nach dem Aufstand von Sobibór im Oktober 1943 abgebrochen.

Lageplan nach den Erinnerungen von SS-Oberscharführer Erich Bauer und dem überlebenden des „Aufstandes von Sobibor“ am 14. Oktober 1943, Thomas Blatt.

Vernichtungslager - Sobibor Lageplan

Vorlager

1 – Rampe
2 – Zahnarzt und Arrestbunker für SS und ukrainische Trawniki Männer
3 – Wache
4 – Lagerraum und Bekleidungskammer der SS
5 – Unterkunftsräume
6 – Wohngebäude des Lagerführers
7 – Wäscherei der SS
8 – Alte Ställe Friseur
9 – Bade- und Waschraum der SS
10 – Garage des von SS-Oberscharführer Bauer
11 – Küche für die SS-Lagermannschaft
12 – Ehem. Postgebäude und Unterkunft der SS
13 – Munitionskammer
14 – Unterkunftsbaracke für ukrainische Trawniki
15 – Unterkunftsbaracke für ukrainische Trawniki
16 – Unterkunftsbaracke für ukrainische Trawniki
17 – Bäckerei

Lager I

18 – Apotheke
19 – Schneiderwerkstatt für SS
20 – Schusterwerkstatt und Sattlerei
21 – Tischlerei und Schlosserei
22 – Tischlerei und Schlosserei
23 – Latrine
24 – Malerwerkstatt
25 – Unterkunft der jüdischen Arbeiter
26 – Unterkunft der jüdischen Arbeiter
27 – Küche
28 – Gerätehaus
28 – Unterkunft der in der Wäscherei beschäftigten Jüdinnen
29 – Schusterwerkstatt für ukrainische Trawniki Männer
30 – Wassergraben

Lager II

31 – Durchgangsbaracke(Gepäck Abnahme)
32 – Baracke für Koffer und Gepäck der Juden
33 – Baracke für Koffer und Gepäck der Juden
34 – Lager für Lebensmittel
35 – Wagenschuppen
36 – Lager für Wertgegenstände welche den Juden abgenommen wurden
37 – Pferdestall
38 – ehemaliges Forsthaus, Verwaltung und Schlafraum der SS-Männer, Lager für Wertsachen
39 – Wäscherei der SS
40 – Sortierhaus (Bekleidung der Juden)
41 – Garten
42 – Baracke für Kleidungsstücke der jüdischen Häftlinge
43 – Baracke für Kleidungsstücke der jüdischen Häftlinge
44 – Sortierbaracke
45 – Aufnahmebaracke für jüdische Häftlinge
46 – Verbrennungsanlage
47 – „Lazarett“ (ehemalige Kapelle) hier wurden Juden ermordet, welche nach der Ankunft nicht mehr eigenständig laufen konnten
48 – Latrine

Lager III

49 – Baracke für Jüdische Arbeiter
50 – Unterkunftsbaracke der Juden, die im Lager III arbeiteten, Küche und Unterkunft des Zahnarztes
51 – Gaskammer(Eingezäunter Bereich)
52 – Maschinenhaus für den Motor der Gaskammer
53 – Abgeschlossener Hof
54 – Massengrab

Lager IV

Ist nicht mehr fertigstellt worden. Hier sollte russische Munition (Beutemunition) aufgearbeitet werden.

Täter

Erster Kommandant des Lagers war der Oberleutnant der Schutzpolizei Franz Stangl. Wie Wirth war er zuvor schon an der Ermordung psychisch Kranker und Behinderter im Rahmen der “T4-Aktion” beteiligt gewesen. Im April 1942 kam er nach Sobibor. Auch die allermeisten der weiteren 25 – 30 SS-Leute des Lagers waren vorher mit den Morden in den sechs Tötungsanstalten beschäftigt. Unterstützt wurden sie von durchschnittlich 120 vor allem ukrainischen Wachmännern, die zuvor Kriegsgefangene waren und dann “freiwillig” in Trawniki eine Einweisung in ihre Tätigkeit für die SS erhalten hatten.

Ausbildungslager Trawniki

Unterkunft der ukrainischen Wachmänner in Trawniki

Der Ablauf der Vernichtung

Die meisten Menschen kamen mit Güterzügen in das Vernichtungslager. Die Züge hielten am Bahnhof Sobibor, fuhren dann auf das Nebengleis und an die Rampe. Dort prügelte man die Menschen aus den Waggons, ihr Gepäck mussten sie abstellen. Die Kranken, Kleinkinder und Transportunfähigen lud man auf Pferdewagen und brachte sie zur ehemaligen Kapelle. Dort, am sog. “Lazarett”, zerrte man sie aus dem Wagen und ermordete sie an einer Grube. Den anderen Juden hielt ein SS-Mann eine Rede: Sie würden jetzt zum Duschen geführt, in der Zwischenzeit würde ihre Kleidung desinfiziert, anschließend führen sie zum Arbeitseinsatz in die Ukraine weiter. Anfangs schufen diese Ansprachen, vor allem bei ausländischen Juden, Vertrauen; manche klatschten und sangen sogar. Danach mussten sich die Männer und Frauen mit den Kindern getrennt auskleiden und sämtliche Wertsachen abgeben. Die nackten Menschen wurden nach Geschlechtern durch den “Schlauch” zum Lager III getrieben. Auf dem Weg dorthin wurde den Frauen in einer Baracke das Haar abgeschnitten. Dann trieb man zuerst die Männer in die Gaskammern, anschließend die Frauen und Kinder. Alles geschah in äußerster Eile, unter Geschrei, Schlägen und Beschimpfungen. Die Juden standen unter Schock und liefen, um den Misshandlungen zu entgehen, in die Gaskammern. Wenn die Kammern übervoll waren, wurden die Türen geschlossen und der Motor gestartet. Nach 20 bis 30 Minuten waren die Menschen tot. Die jüdischen Häftlinge vom Sonderkommando öffneten die Türen, zogen die Ermordeten heraus, brachten sie zu den Massengräbern und warfen sie hinein. Nach der Säuberung der Gaskammern wiederholte sich das Morden mit der nächsten Gruppe Menschen.

Aufstand

Im Frühjahr 1943 kamen immer weniger Transporte nach Sobibor, was die Häftlinge als Zeichen für die bevorstehende Auflösung des Lagers deuteten. Sie befürchteten, dass sie als Zeugen der Verbrechen ebenfalls ermordet werden würden. Daher begannen sie einen Aufstand zu planen. Sie wurden dabei von sowjetischen Kriegsgefangenen unterstützt, die seit September 1942 in den umliegenden Wäldern als Zwangsarbeiter beschäftigt waren. Der Aufstand brach am 14. Oktober 1943 aus. Die Aufständischen töteten mehrere SS-Angehörige und »Trawniki«. Etwa 300 Häftlingen gelang die Flucht, von ihnen erlebten später 47 das Ende des Krieges.
Die SS ermordete danach die zurückgebliebenen Lagergefangenen, die nicht hatten fliehen können. Die getöteten SS-Angehörigen wurden eingesargt und in Chełm im Soldatenfriedhof mit militärischen Ehren begraben.
Das Lager wurde nicht weiter genutzt, sondern dem Erdboden gleichgemacht. Danach blieben ein unverdächtig aussehender Bauernhof und ein speziell aufgeforsteter Jungwald auf dem ehemaligen Gelände des Vernichtungslagers zurück.

Gedenkstätte

Jahrzehnte lang erinnerte nur wenig an die vor allem jüdischen Opfer von Sobibor. Seit 1965 gibt es ein Denkmal am historischen Ort, das 1993 um ein Museum erweitert wurde. 2017 begann der Bau einer neuen Gedenkstätte auf dem ehemaligen Lagergelände. An ihrer Realisierung ist neben Polen, Israel, der Niederlande und der Slowakei auch die Bundesrepublik Deutschland beteiligt.

Gedenkstätte - Sobibor

Literatur

Jules Schelvis
Vernichtungslager Sobibór

Barbara Distel
Sobibor

Der Ort des Terrors
Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager

Nikolaus Wachsmann
KL: Die Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager

Tickets

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